Aktuelles Marktgeschehen

Auf den Punkt gebracht von Felix Herrmann, CFA (BlackRock)

AKTUELLER BLICK AUF DIE MÄRKTE

Keep calm and carry on!

Steigende Zinsen sind nicht gerade das, was Aktien-Investoren gerne sehen. Steigende Zinsen sorgen für höhere Finanzierungskosten bei Unternehmen und somit in der Regel für sinkende Gewinnmargen. Gleichzeitig bedeutet ein höheres Zinsniveau einen geringeren Gegenwartswert zukünftiger Gewinne der Unternehmen. Dennoch ist oftmals zu beobachten, dass sich Aktien selbst bei ansteigen Zinsen gut entwickeln, was wiederum damit zusammenhängt, dass (Real-)Zinsen in der Regel genau dann klettern, wenn es der Wirtschaft gut geht. Problematisch wird es für die Aktienmärkte jedoch, wenn die Zinsen rasch und unerwartet stark steigen. Im Fachjargon spricht man in diesem Zusammenhang von einer Zwei- oder Drei-Sigma-Bewegung – einem Anstieg, der deutlich über die „normalen“ Schwankungen in der jüngeren Vergangenheit hinausgeht. Dann fallen Anleihekurse durchaus auch einmal gemeinsam mit den Aktienkursen.

Genau eine solche Zwei-Sigma-Bewegung haben wir Anfang des Monats bei den Zinsen in den USA beobachten können, die dann wiederum mit einiger zeitlicher Verzögerung in der zurückliegenden Woche einen weiteren schmerzhaften Kursrücksetzer an den globalen Aktienmärkten nach sich zog. Verstärkt wurde die schlechte Stimmung durch eine Warnung des Internationalen Währungsfonds wonach Anleger angesichts der gestiegenen Zinsen in den letzten Monaten zu sorglos agieren würden. Die Bewertungen – gerade bei US-Aktien – hält die Institution für zu hoch.

Während die Kurse überall auf der Welt purzelten, stieg die Volatilität der Märkte nicht auf die hohen Niveaus, die wir während des Ausverkaufs im Februar erlebt haben. Zur Erinnerung: Auch im Februar waren steigende US-Zinsen einer der Auslöser der Verkaufswelle, wobei damals im Gegensatz zur aktuellen Lage der Vola-Markt selbst ein Epizentrum darstellte.
Zu den Verkäufern an den Aktienmärkten zählten in den vergangenen Tagen vor allem Hedge-Fonds, die offenbar einen Teil ihrer Jahresgewinne sichern wollten. Sie taten dies, indem sie sich von beliebten Strategien verabschiedeten. Eine Trennung von Technologiewerten war angesagt, die wie schon in 2017 auch in diesem Jahr zu den großen Gewinnern gezählt haben. Im Zuge dessen setzte eine Rotationsbewegung heraus aus dem Faktor „Momentum“ und hinein in eher defensive Titel beziehungsweise in die Faktoren „Value“ und „Quality“ ein.

Was bedeutet das für Anleger?

Wir bei BlackRock nehmen zur Kenntnis, dass die Unsicherheit auf Seiten der Anleger hinsichtlich der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung weiter zugenommen hat. Da wir es hier aber hier aus unserer Sicht mit keinem neuen Trend zu tun haben, halten wir an unserer konstruktiven Sicht auf die Märkte fest. Angesichts der nach wie vor äußerst robusten fundamentalen Situation mit einem Wirtschaftswachstum deutlich oberhalb des Trends erwarten wir nicht den Beginn eines länger andauernden Bärenmarkts.

Gerade mit der angelaufenen Berichtssaison in den USA könnten die guten Nachrichten, die zuletzt eher fehlten, wieder zahlreicher werden somit und die Kurse stützen. Umgekehrt bedeutet die hohe Bedeutung der Berichtssaison allerdings auch, dass Aktien von Unternehmen, die in diesen Tagen nicht in der Lage sind, gute Zahlen und auch keine guten Geschäftsprognosen zu liefern, Probleme bekommen dürften. Firmen mit gesunden Bilanzen (geringe Verschuldung, hohe Bargeldbestände) und guten Zahlen könnten hingegen umso heller scheinen und für ein Ende des Kursverfalls sorgen. Genau diese letztgenannten Firmen sind es, die wir im aktuellen Umfeld ganz besonders präferieren.

Schlechte Nachrichten erreichen uns in diesen Tagen von der Brexit-Front. Der am kommenden Wochenende bevorstehende EU-Gipfel war bezüglich der Frage, ob dort eine Einigung über das Austrittsabkommen der Briten gefunden werden kann, gedanklich ohnehin schon gestrichen worden. Dann kam Hoffnung auf, als es zu einem kurzfristig anberaumten Treffen der Verhandlungsführer Barnier und Raab kam. Nun scheinen London und Brüssel einer Lösung der irischen Grenzfrage aber keinen Schritt näher gekommen zu sein. Sollte sich weiter keine Einigung abzeichnen, dürften Anlagen in Pfund Sterling immer mehr unter Druck geraten.

Der Ausgang der Wahl in Bayern, die vorgestern mit einer historischen Niederlage der CSU endete, wird hingegen sicher keine guten Nachrichten für die Märkte produzieren. Vermutlich aber auch vorerst keine negativen, da die Wahl die Regierung in Berlin wohl nicht zu Fall bringen sollte. Angesichts bröckelnder Umfragewerte für CDU/CSU und SPD auf Bundesebene dürfte die politische Stabilität in Deutschland allerdings weiter abnehmen, sodass Merkel weiter unter Druck bleiben wird. Nächster Wahltermin ist schließlich schon am 28. Oktober, dann in Hessen.

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